Hansjörg Mair zu Gast beim Presse-Club

Heimat ist Tradition gepaart mit Innovationskraft

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Leute, die etwas zu sagen haben“ begrüßte der Presse-Club Hansjörg Mair, den Geschäftsführer der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG), Tourismusdachverband und Marketingorganisation der Ferienregion Schwarzwald. Im gut gefüllten Kaminzimmer des Atlantic Parkhotels stellte der seit 2 Jahren in seinem Amt tätige gebürtige Südtiroler, der mit Italienisch und Deutsch zweisprachig aufwuchs, zunächst sich selbst und die Zielrichtung seiner Arbeit vor und beantwortete zahlreiche Fragen aus dem Publikum.

Dankbar sei er für die weltweit bekannten Klischees von Schwarzwälder Kirschtorte, Bollenhut und Kuckucksuhr, die „die Köpfe und Herzen der Menschen erreichen“ und dafür sorgen, daß die Menschen überall auf der Welt den Schwarzwald kennen. Gerade der Bollenhut, der ursprünglich lediglich in nur drei Dörfern im Mittleren Schwarzwald beheimatet war, sei ein ganz starkes Symbol, den Mair sogar gerne als Emoji etablieren möchte. Aber auch die Schwarzwälder Kirschtorte ist ein mittlerweile selbst in exotischen Ländern wie Nepal und Indien bekanntes Klischee, auf deren Werbewirksamkeit man nicht verzichten will. Klischees sind aus seiner Sicht „gut und geben Wert“.

Beim Thema Schwarzwaldhochstrasse und Badische Weinstraße zeigt er sich weniger optimistisch. Investoren, die Geld in die vielen traditionsreichen leerstehenden Hotels entlang der Schwarzwaldhochstraße stecken, sieht Hansjörg Mair derzeit nicht. Und die Badische Weinstraße wird zwar weiterhin gefördert, allerdings sei „die Zeit von Themenstraßen vorbei“. Aufgrund der Länge dieser Touristenroute von Laudenbach an der Bergstraße bis Weil am Rhein nahe der Schweizer Grenze sei es aus seiner Sicht auch eher schwierig, anders als bei der Deutschen Weinstrasse in der Pfalz, einheitliche Veranstaltungen zu organsieren. Nichtsdestotrotz wird die Badische Weinstraße „weiterhin touristisch bearbeitet“.

Angesprochen auf das Thema Mobilität wusste der Geschäftsführer von verschiedenen Ansätzen zu berichten: Die Konuskarte, die den Gästen der angeschlossenen Gemeinden die kostenfreie Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ermöglicht, soll weiter ausgebaut werden. An einer Abstimmung aller Mobilitätskonzepte der einzelnen Verkehrsverbünde wird im Rahmen des von 12 Landkreisen und 4 Stadtkreisen ins Leben gerufenen Projektes „Silent Driver“ nach dem Vorbild der Route „Grand Tour de Suisse“ weiter gearbeitet. Außerdem soll der öffentliche Nahverkehr im Schwarzwald mit dem Ziel verbessert werden, den Individualverkehr abzumildern. Ein Problem mit einem „Overtourism“ („Über-tourismus“), also eine Entwicklung im Tourismus, die das Entstehen von Konflikten von Einheimischen und Besuchern an stark besuchten Zielen zum Gegenstand hat, sieht er im Übrigen nicht.

Wichtig ist Hansjörg Mair, der das Tourismusgeschäft von der Pike auf gelernt hat, die Generierung neuer Zielgruppen, die er ganz bewußt „Stilgruppen“ nennt, da Menschen in einer individualisierten Gesellschaft sich nicht mehr einfach nach Alter und Geschlecht, sondern eher nach bestimmten Wertvorstellungen oder Lebensstilen einteilen lassen. Wenn man es schaffe diese Stilgruppen, die sich im Urlaub wie Einheimische auf Zeit fühlen möchten, anzusprechen, werden sie die Angebote wertschätzen und seien auch bereit dafür, dies nicht unter Wert zu bezahlen, so Mair. Aus seiner Sicht bedeute das „ein gutes Produkt oder eine gute Qualität zu einem guten Preis“.

Und wie findet er die neue Marketingkampagne der Stadt Baden-Baden? „Ich bin sehr glücklich darüber“, verriet der 49-jährige Geschäftsführer. Sie sei „sehr gut gemacht und passt zu Baden-Baden“. Auch der Slogan „The good-good Life“ gefällt Hansjörg Mair gut, da er Modernität mit Internationalität und Tradition transportiert. Baden-Baden, das er als „touristischen Leuchtturm“ sieht, sei in der glücklichen Situation ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Die neue Marketingkampagne, die er insgesamt sehr positiv sieht, verdeutliche „Heimat ist Tradition mit Innovationskraft“.

Welche Schwerpunkte bei der Arbeit werden denn gesetzt? Hier nannte Hansjörg Mair mehrere Initiativen: den „natürlichen Dorfurlaub“, der das Ziel hat, Dörfer und Ortsteile in ländlichen Regionen als attraktiven Lebens- und Wirtschaftsraum für Einwohner zu erhalten und gleichzeitig Gästen die gesuchte Ferienidylle in einer authentischen Umgebung zu bieten. Die Initiierung des neuen Schwarzwald Genuss-Awards „kuckuck 19“, bei dem online jeder für seine Favoriten unter 150 Genießerzielen stimmen kann. Die Errichtung eines „Kompetenzzentrums Tourismus“ unter einem Dach. Die Erstellung eines Strategiepapiers mit Beteiligung aller Gesellschafter der STG und der Ausbau der digitalen Kompetenz. Die Erweiterung des Badischen Weinradweges. Und die Einführung einer Schwarzwaldcard auch für Einheimische, mit der zum Preis von unter 100 Euro pro Person rund 140 Attraktionen einmal im Jahr besucht werden können.

Text von Ralf Schultz-André